Die neue Währung Daten: Umsonst, aber nicht kostenlos!
Die neue Währung Daten: Umsonst, aber nicht kostenlos!

Die neue Währung Daten: Umsonst, aber nicht kostenlos!

Ganz legal funktioniert der Datenhandel: Wie selbstverständlich geben User ihren größten Schatz, nämlich ihre Daten preis. Daten sind das neue Gold!

Neues Gold, neues Öl – wie Ihr es auch nennen möchten: Daten sind wahnsinnig viel wert! Und so sammeln riesige Wirtschaftskonzerne, aber auch kleine Start-ups persönliche Daten, um sie weiterzuverkaufen. Die Reaktionen der Verbraucher schwanken zwischen Gleichgültigkeit, Ohnmacht und Resignation. Das ist ärgerlich, denn Datenschutz und Datenhoheit gehen jeden etwas an!

 

Die Macht unserer Daten: Edward Snowden hat uns aufmerksam gemacht

Nach wie vor vergeht kaum eine Woche, in der wir nicht von weiteren Abhörskandalen durch die NSA, den CIA oder sonstige Behörden erfahren. Trojaner werden zum Bespitzeln ganz normaler Bürger eingesetzt. Selbst die Bundeskanzlerin Angela Merkel steht den Spionageattacken hilflos gegenüber: Unter Freunden gehöre sich so etwas nicht – eine Feststellung ohne größere Folgen.

Während sich die Nation hier und da ein wenig über das Bespitzeln unserer Bündnispartner ereifert, geht jedoch eines komplett ungestört weiter: das kommerzielle Nutzen unserer privaten Daten. Bundesjustizminister Heiko Maas räumte in einem Interview ein: „Die meisten Daten sammeln nicht NSA oder BND, sondern Google, Facebook und andere Unternehmen.“ Ja, Datenhandel ist legal und gewollt. Das zeigen aktuelle Beispiele aus sämtlichen Lebensbereichen.

 

Aktuelle Beispiele für den legalen Datenhandel

Es ist erschreckend, wie sehr sich der Datenhandel durch sämtliche Lebensbereiche zieht! Da wäre etwa das Versicherungsunternehmen Generali mit seinem neuen Bonusprogramm „Vitality“. Nehmt Ihr an einer Vorsorgeuntersuchungen teil und lasst Ihr Eure Fitness und Ernährung überwachen, winken Rabatte für Eure Versicherung.

Mit dem Smart Home haben wir einen weiteren praktischen, aber datenhungrigen Trend: Noch bevor Sicherheitsprotokolle in der Lage waren, Daten zu schützen, hatten längst die ersten Smart Home-Artikel ein neues Zuhause. Es ist schon praktisch: Das Haus reagiert auf seinen Bewohner. Aber zu welchem Preis? Für jedes Zubehör gibt es eine passende App, mit der Ihr Eure Gewohnheiten ins Smartphone eingibt. Eben diese Gewohnheiten werden gesammelt und ausgewertet. Datenschutz? Fehlanzeige!

Transparenz wird auch bei vernetzten Autos gefordert. Vor einiger Zeit deckte der ADAC auf, wie BMW Daten übers Fahrverhalten sowie über die Gewohnheiten des Fahrers sammelt. Was wurde daraus? Nichts. Es blieb nur einmal mehr die Feststellung, dass Autos wahnsinnig viele Daten sammeln. Im Fall einer Mercedes B-Klasse waren es die GPS-Position, Kilometerstand, Verbrauch, Reifendruck – ja sogar die Zahl von Gurtstraffungen wird alle zwei Minuten übermittelt.

 

Datenhandel: Was bin ich mir wert?

Vor einigen Jahren kam Marcus Tonndorf auf die Idee, Menschen(daten) und Firmen zusammenzubringen. Jeder User sollte selbst bestimmen können, welche Daten er für welchen Preis an ein Unternehmen verkauft. Das Projekt ging in die Hose: Es gab keine Möglichkeit, etwaige Falschangaben auszuschließen.

Da liegt ein Gedanke nahe: Wie viel sind Daten überhaupt wert? Überlegt einmal: Mit jedem Schritt, den Ihr im World Wide Web geht, hinterlässt Ihr Daten. Diese sind für den Datenhandel ein echter Schatz!

 

Lässt sich der Wert von Daten benennen?

Sämtliche Daten stellen einen „Wert“ dar. Jedoch ist dieser sehr schwer zu beziffern; der Wert ist eher abstrakt. Der Wert Eurer Daten lässt sich nicht pauschal beziffern; er ist nicht tauschbar wie der Wert von Geld. Erkennt den Datenwert, eher wie die Werte von Rohstoffen. Dieser Wert schwankt je nach Qualität und Nachfrage. Der Wert von Daten ist abhängig von Zweck, User und den Umständen. So kann übrigens auch das Geheimhalten von Daten einen großen Wert haben.

Hinzu kommt, dass eine einzelne Information für gewöhnlich eher wenig Wert hat. Für sich genommen sind Einzelfakten wertlos. Die reine Information beispielsweise, dass Ihr männlich, weiblich oder divers seid, bringt auf dem Datenmarkt recht wenig. Interessant wird es erst, wenn Konzerne wissen, dass Ihr konkret bespielsweise männlich, verheiratet, zweifacher Vater und IT-Manager sind, der in seiner Freizeit gerne angelt und in Angelshop XY einkauft.

In Zeiten der unbändigen Vernetzung genügt jedoch nicht mal das. Erst, wenn noch Daten anderer hinzukommen, wird Ihr Profil komplett: Euer bester Freund sendet Euch pünktlich zum Wochenende via WhatsApp Nachrichten. Via GPS ist erkennbar, dass Ihr Euch mit diesem Freund am Rhein trifft – Eure übliche Angelstelle. Jetzt werden die Daten zu einer interessanten Sammlung, die einem bestimmten Zweck dienen kann.

Noch interessanter wird es, wenn Ihr via Facebook von Eurem Angelausflug berichtet. Ihr wart am Rhein mit Eurem guten Freund. Das teilt Ihr in einer Rhein- und in einer Angelgruppe. Wunderbar, nun können auch Nutzungsdaten über Euch gespeichert werden. Das Profiling vervollständigt sich – bald schon sind Ihr richtig wertvoll!

 

Kostenlose Leistung: „If you don’t pay for the product, you are the product“

Ihr sieht: Erst, wenn die Datensammlung groß genug ist, kommt Wertigkeit ins Spiel. Ob spezialisiert oder generalisiert. Daten sind dann wertvoll, wenn es die Richtigen sind, die sich mit anderen in Verbindung bringen lassen. Tatsächlich bezahlen Institutionen für solche Datensammlungen: Der Staat erwarb CDs über Steuersünder und Kriminelle kaufen idealerweise Kreditkarten-Datensätze ein.

Die gigantischen Internetkonzerne, wie Google oder Facebook verdienen ebenfalls an gut gefüllten, ständig vom User selbst aktualisierten Datenbanken und Datensätzen. Genau deshalb ist Google so großzügig und schenkt Ihnen gigabyteweise Speicher für E-Mails, Dokumente und Fotos. Und genau deshalb zahlt Ihr scheinbar keinen Cent, um Mitglied des weltweit größten Netzwerks Facebook sein zu dürfen. Ausnahmen bilden hier jene, die Facebooks riesigen Datenschatz anzapfen und selbst werben möchten.

 

Für nichts gibt’s nichts: Ihr bezahlt immer bei kostenlosen Produkten mit euren Daten!

Der Datenhandel ist nicht nur bei Großkonzernen relevant. Dasselbe gilt online, wie offline, bei allem Möglichen und Unmöglichen: Eure Bonuskarte für den Supermarkt, die erfasst, welche Produkte Ihr bevorzugt. Der kostenfreie E-Mail-Dienstanbieter, der Eure Daten auch für Marketingzwecke nutzt. Die Online-Angebote von Zeitungen, TV- und Radiosendern, Games, Apps – alles sammeln Euer Bestes: Eure Daten!

Denn Eure Daten haben auch in der Offlinewelt einen immensen Wert. Das fällt weniger auf, da diese Daten weniger gut spezifiziert werden können. Das macht sie weniger ertragreich, jedoch nicht uninteressant. So macht Euer Wohnort mehr Aussagen über Eure Bonität als Ihr selbst das könntet. Lebt Ihr in einer wertvollen Umgebung, erhaltet Ihr den Kredit für günstigere Zinsen. Euer Beruf kann sogar Aussagen zu Eurem Fahrverhalten machen: Als Beamter zahlr Ihr geringere Versicherungsprämien. Euer Bildungsstand wird über die Zeitung, die Ihr morgens am Frühstückstisch liest, deklariert – somit erhalten Ihr spezialisierte Werbung.

 

Sind Daten wirklich eine neue Währung?

Daten sind wertvoll, der Datenhandel erinnert an den Goldrausch. Aber sind Daten wirklich eine Währung geworden? Eigentlich müsste man hier mit „nein“ antworten: Daten sind keine Währung. Denn ein freier Tausch ist nicht möglich. Noch gibt es keine Datenkurse, noch existieren keine festen Datenumlaufmengen. Eine Inflationsrate für Daten gibt es genauso wenig.

Der wesentliche Unterschied zum Geld ist der: Daten werden umso wertvoller, je mehr man besitzt, Geld verliert in der Masse seinen Wert. Bedeutet auch im Umkehrschluss: Sparsamkeit wäre bei Daten eher kontraproduktiv.

 

FAQ: Datenhandel – Das solltet Ihr wissen!

Wir können also festhalten, dass Daten dann wertvoll sind, wenn sie mehr werden. Ihr alleine habt die Verantwortung, Eure Daten zu schützen. Im Folgenden haben wir eine FAQ für Euch zusammengestellt, die Euch die wichtigsten Fragen rund um den Datenhandel und den Datenschutz beantworten sollen:

  • Kann ich herausfinden, welche Daten wo über mich gespeichert sind?
    Theoretisch habt Ihr laut geltendem Datenschutzrecht Anspruch darauf, Auskunft über Eure gespeicherten Daten einzuholen. Weiter könnt Ihr die Sperrung oder Löschung Eurer Daten fordern. Praktisch heißt das, dass Ihr jede Behörde, Institution oder Firma aufwändig in Einzelschreiben anschreiben müsst, um herauszufinden, welche Daten von Euch gespeichert sind.
    Tipp: Die Freie Hansestadt Bremen bietet online Musterbriefe für verschiedene Institutionen und Firmen an.

 

  • Dürfen Unternehmen und Behörden einfach so Daten speichern & weitergeben?
    „Einfach so“ dürfen sie es nicht, denn die Datenverarbeitung ist recht streng geregelt. Dennoch: Vielfach müssen Betroffene über das Speichern und Nutzen von Daten nicht gesondert unterrichtet werden. Es wird einfach davon ausgegangen, dass Ihr um die Weiterverarbeitung Eurer Daten wisst. Dem ist vielfach nicht so, denn in aller Regel erteilen Verbraucherinnen und Verbraucher die Erlaubnis zur Datenspeicherung oder -weitergabe unwissentlich. Das Kleingedruckte in Verträgen wird überlesen und einfach unterschrieben. Per Gesetz ist es beispielsweise gestattet, Datensätze mit Namen, Anschrift, Geburtsjahr und Zugehörigkeit zu Personengruppen weiterzugeben, wenn Betroffene nicht widersprechen.
    Tipp: Auch wenn es anstrengend ist: Lest Euch bitte die Datenschutzbedingungen vollständig durch! Erfragt, ob und wie Daten weitergegeben werden dürfen und ob Ihr die Möglichkeit zum Widerspruch habt.

 

  • Wie kann es sein, dass Einrichtungen, die ich gar nicht kenne, meine Daten haben?
    Das große Problem: Es gibt keinen umfassenden Schutz gegen illegale Praktiken im Umgang mit Euren persönlichen Daten. Hinzu kommen all die legalen Fallen, in die Verbraucherinnen und Verbraucher einfach tappen können. Nehmt Ihr beispielsweise an Verlosungen teil oder beantragt Ihr eine Kundenkarte, nehmt Ihr an Online-Games oder Umfragen teil, gibt Ihr aktiv Eure Daten preis. Ihr tragt selbst dazu bei, dass einzelne Daten über Euch gesammelt werden – schlimmstenfalls sind diese auch öffentlich aufrufbar.
    Tipp: Auch wenn Kundenkarten & Co. verlockend sind, kosten sie immer Ihr Bestes: Eure Daten! Überlegt daher doppelt und dreifach, ob Ihr auf solchen Wegen Eure Daten preisgibt. Kursieren Eure Daten erst zwischen Händlern und im Internet, sind sie in aller Regel für Euch nicht mehr kontrollierbar.

 

  • Können Datenschützer solchen Datenhandel nicht stoppen?
    Das Problem mit dem Datenhandel und der Datensammelwut beginnt bei legalen Praktiken und enden in einer riesigen Grauzone aus illegalen Praktiken. Wie Ihr nun wisst, sind erst immense Datensätze richtig wertvoll. Deshalb werden beide, legale und illegale Praktiken, gerne gemixt, um einen umfassenden Datensatz zu erhalten. Daten werden zu einem gewinnträchtigen Handelsnetz ausgebaut. Datenschützer plädieren seit langer Zeit für einen weitreichenden Schutz der Betroffenen. Man fordert ausdrückliche Zustimmungen und Einwilligungen – vergebens. Mit der EU-Datenschutz-Grundverordnung, die ab Mai 2018 verbindlich gilt, werden zumindest legale Datensammler transparenter. All das nützt jedoch nichts, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher die eigenen Daten selbst leichtfertig preisgeben.
    Tipp: „Entblößt“ Euch nicht in Fragebögen, Formularen, Gewinnspielen oder in den sozialen Netzwerken. Ihr könnt das Angebot durchaus nutzen, jedoch nicht wahllos und ohne Verstand.

 

  • Was kann ich tun, um meine Daten besser zu schützen?
    Bewusstsein und Sorgfalt im Umgang mit Daten sind unabdingbar. Nur so könnt Ihr die Auswüchse des Handels mit Euren eigenen Daten zumindest in Zukunft handhaben. Eine solche Sorgfalt kostet Zeit und kann unbequem sein. Das ist Euer Preis für den Datenschutz. Geht dabei grundsätzlich zurückhaltend mit Euren Konto- und Kreditkartendaten um. Achtet dabei darauf, wem Ihre Telefon- und Handynummer preisgibt.
    Tipp: Legt Euch eine E-Mail-Adresse zu, die Ihr ausschließlich für Bestellungen oder Infozwecke verwendet. So schützen Ihr Eure persönliche Adresse schon mal. Überdenkt auch den Umfang Eures Telefonbucheintrags. Geht sehr zurückhaltend mit weiteren Daten wie Beruf, Alter, Freunde oder Hobbys um. Achtet darauf, nicht versehentlich der Weitergabe Eurer Daten an Dritte zuzustimmen. Lest Euch die Datenschutzbestimmungen, verschlüsselt Eure E-Mails und achtet auch im Internet auf SSL-Verschlüsselung. So bindet Ihr unbefugten Dritten die Hände. Nutzt Suchmaschinen, die keine persönlichen Daten speichern. Prüft Euren Clouddienste genau und setzt idealerweise auf europäische oder gar deutsche Angebote, da hier das Datenschutzniveau deutlich höher ist als bei US-Dienstleistungen. Wählt zudem überall sichere Passwörter, um illegalen Datendiebstahl vorzubeugen.

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