Datenkraken wie Google sammeln sämtliche Daten
Google & Co.: Datenkraken lauern überall

Google & Co.: Datenkraken lauern überall

Manche agieren versteckt, andere ganz offen: Datenkraken lauern überall. Weder Ihre Suchmaschineneingaben noch die Daten Ihres Fitnesstrackers bleiben unbeobachtet. Da verwundert es wenig, wenn Nutzer den Überblick über ihre Daten verlieren: Wo wurden welche Daten preisgegeben – und was geschieht überhaupt mit diesen Informationen?

Datenkraken – wo werden Daten gesammelt?

Im Folgenden spendieren wir Ihnen einen kleinen Überblick darüber, wo im World Wide Web Daten gesammelt werden. Diese Liste erhebt längst keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sie gibt lediglich die gängigsten Datenkraken wieder:

  • Cookies: Stellen Sie sich Cookies in etwa so vor wie echte „Kekse“: Sie möchten einen Bissen probieren, und schon verkrümeln die Kekse verräterische Spuren. Bei in Websites eingebundenen Cookies handelt es sich um Codes oder Bilder, mit deren Hilfe Informationen über die Websitebesucher gesammelt werden. So sind Cookies zum Beispiel für jene Werbeanzeigen verantwortlich, die ausgerechnet das von Ihnen gerade gesuchte Produkt auf einer anderen Website bewerben.
  • IP-Adressen: Ihre IP-Adresse ist vergleichbar mit Ihrer digitalen Postadresse. So können Websitebetreiber Informationen über den von Ihnen gewählten Internetanbieter sowie über den Standort Ihres Rechners sammeln. Ihr Internetprovider kann mithilfe Ihrer IP-Adresse Ihren kompletten Datenstrom nachverfolgen.
  • Suchmaschinen: Es gibt sie zwar auch mit besserem Datenschutz, aber die am häufigsten genutzten Suchmaschinen sind tatsächlich Datenkraken. Suchen Sie nach Produkten oder Themen, so werden Ihre Online-Suchen gespeichert und Ihrem Nutzerprofil zugeordnet.
  • Drittanbieter-Tracker: Ob Sie Apps nutzen oder auf Websites surfen – durch Tracker wissen auch Drittanbieter, wo Sie sich online aufhalten. Zahlreiche (App-)Analytics-Anbieter tracken Nutzer, um gezielt Werbung ausliefern zu können, Verhaltensanalysen zu erstellen oder den Standort einordnen zu können.
  • Accounts und Profile: Ob in sozialen Netzwerken oder den etwas antiquiert wirkenden Foren – Sie können sich erst vollumfänglich beteiligen, wenn Sie einen eigenen Account angelegt haben. In diesem Profil hinterlegen Sie wertvolle Informationen – vor allem für die Werbeindustrie.
  • Kostenfreie Angebote: „Nehmen Sie an dieser Umfrage teil, haben Sie die Chance, eines von drei Autos zu gewinnen“ – so oder so ähnlich werden Nutzer verführt, an Umfragen teilzunehmen. Ähnlich kann es bei reinen Gewinnspielen ablaufen, hinzu kommen Persönlichkeitstests, ganz persönliche Horoskope oder Spielchen. All das wird Ihnen augenscheinlich kostenfrei feilgeboten – jedoch bezahlen Sie dafür mit Ihren persönlichen Daten.
  • Datenanalysen: Sowohl Online- als auch stationäre Händler geben Datenanalysen gerne in die Hände von Drittanbietern. Die Händler möchten so ihre Werbeaktivitäten optimieren, und wieder sind Sie derjenige, der dafür zahlt: Mit Ihren Daten.
  • Sprachassistenten: Sie sind die Datenkraken der Neuzeit. Alexa, Siri & Co. mögen den Alltag durchaus erleichtern. Jedoch zahlen Sie dafür einen sehr hohen Preis: Mitarbeiter der jeweiligen Unternehmen können mithören. Jüngst wurde ein Interview mit Amazons Alexa-Chef David Limp geführt, der einräumt: „Wir haben Fehler gemacht“. An der Praxis ändert sich jedoch nichts, denn Limp empfindet es als richtig, dass Menschen die Aufnahmen abhören. Einige Apple-Mitarbeiter, die Siri-Mitschnitte abhören, plauderten aus dem Nähkästchen.

Welche Daten sind für Unternehmen relevant?

Grundsätzlich ist nahezu jede Information interessant, die helfen kann, das Profil eines Menschen zu vervollständigen. Tatsächlich existieren sogenannte Datenbroker: Sie sammeln, kaufen und verkaufen detaillierte Profile. Enthalten sind Informationen zum Alter, zum Geschlecht, zur Adresse sowie zum Familienstand. Darüber hinaus aber auch über die Herkunft eines Menschen, über sein Gewicht, seine Größe, sein Bildungsniveau, ja sogar über politische Gesinnungen, Geschmäcker und Vorlieben, Urlaubspläne oder gesundheitliche Probleme. Gesammelt werden auch Informationen über den Beruf und zu den Finanzen einer Person, ob sie womöglich in Konkurs ist oder finanziell gut dasteht.

Aus der Summe all dieser Informationen kann es den Datenbrokern gelingen, Beziehungen zu anderen Menschen nachzuvollziehen und entsprechend zu dokumentieren. Um ein Beispiel anzuführen, benötigen wir nicht mal Kontakt zu einem solchen Datenbroker. Sie shoppen bei Amazon Marketplace? Dann weiß der Konzern wohl auch über die Kreditwürdigkeit Ihres Ehepartners Bescheid. Als wir im Jahr 2014 Shopping-Apps, darunter auch die Amazon-App, getestet haben, fiel uns die folgende Zeile in den AGB auf: „Die Teilnehmer berechtigen Amazon, jegliche Information, die bei der Registrierung abgefragt wurde, zu benutzen, um die Richtigkeit dieser Angaben zu überprüfen (einschließlich deren Aktualisierungen) sowie von Zeit zu Zeit und solange der Teilnehmer für Amazon.de Marketplace angemeldet ist, Berichte über deren Kreditwürdigkeit einzuholen (einschließlich Anfragen in Bezug auf den Ehepartner).“

Nicht nur Sie und Ihre Daten, sondern auch die Ihrer Verwandtschaft, in einigen Fällen auch die Ihres Freundeskreises stehen also im Katalog der Datensammler und -broker. Haben Sie Lust auf einen kleinen Selbsttest? Surfen Sie zu myaccount.google.com/dashboard und Sie erhalten einen guten Überblick über Googles Sammelwut. Unter myactivity.google.com/myactivity können Sie Ihren Such- und YouTube-Verlauf einsehen.

Und was geschieht mit all diesen Daten?

Was mit Ihren Daten, denen Ihrer Freunde und Kollegen, Ihrer Verwandten und Bekannten passiert, ist sehr unterschiedlich und zuweilen nicht ganz nachvollziehbar. Häufig stecken finanzielle Interessen hinter der Datensammelwut: Um mehr Produkte zu verkaufen, ist es hilfreich, das Verhalten (potenzieller) Nutzer zu kennen. Google und Facebook gehören zweifelsfrei zu den größten Datenkraken. Doch auch Konzerne, die Wasser predigen, um dann doch Wein zu trinken – wie Apple. Der Konzern rühmt sich nur allzu häufig mit Privatsphäre; zuletzt hieß es auf der WWDC 2019, man wolle zum „Privacy-as-a-Service“-Anbieter werden. Doch auch Apple gehörte zu jenen Anbietern von Sprachassistenten, bei denen Mitarbeiter von Subunternehmen mitlauschen konnten, wenngleich Apple Besserung versprach.

Interessiert an Daten ist nahezu jedes Unternehmen: Wer Produkte und/ oder Dienstleistungen verkaufen möchte, optimiert seine Verkaufszahlen durch das Analysieren des Nutzerverhaltens durch das Auswerten von Daten. Sogar Regierungen sind berechtigt, bestimmte Informationen zu sammeln. Nicht immer dürfen diese weitergegeben werden. Österreichs Regierung sah das 2018 anders: Sensible Bürgerdaten sollten an die Wissenschaft weitergegeben werden, sogar höchst sensible Gesundheitsdaten.

Welche Folgen haben solche Datenerhebungen durch Datenkraken?

Die alleinige Information, dass Sie beispielsweise 42 Jahre alt sind, ist uninteressant. Wird sie jedoch angereichert mit Informationen über Ihren Gesundheitszustand, Ihren Job und Ihre Interessen, lässt sich bereits ein interessantes Profil über Sie erstellen. Je detaillierter das Bild über einen Nutzer ausfällt, umso lohnenswerter für ein Unternehmen. Doch Datenerhebungen durch Datenkraken haben zum Teil unschöne Folgen für Nutzer, einige Beispiele demonstrieren dies:

  • Buchungshistorie: Sie haben online schon häufiger eher teure Flüge und Hotels gebucht. Als Folge dessen werden Ihnen bei Online-Buchungen höhere Preise angezeigt als bei Kunden ohne Buchungshistorie.
  • Luxusgüter: Arbeiten Sie mit Windows oder macOS? Das kann tatsächlich Auswirkungen auf die Preise beim Online-Shopping haben. Apple-Usern werden oft höhere Preise angezeigt als Windows-Usern.
  • Kreditwürdigkeit: Sie sind kreditwürdig? Das ist gut – und beim Online-Shopping auch günstiger. Nutzer mit guter Bonität zahlen bei einschlägigen Online-Händlern weniger als Nutzer mit schlechter Bonität – zu hoch sei das Ausfallrisiko, begründen Shops, die so agieren. Werden Sie aufgrund Ihrer Online-Historie sogar als „risikoreich“ eingestuft, steigen die Kreditzinsen bei Ihrer Bank.
  • Online-Recherche: Überlegen Sie sich gut, ob Sie für Ihre Recherchen nach bestimmten Krankheiten wie Diabetes oder Herzrhythmusstörungen gängige Suchmaschinen verwenden möchten. Ihre Online-Suche kann zur Risikobewertung von Versicherungsunternehmen herangezogen werden.
  • Regionaler Bezug: Wenn Sie in München leben und von dort aus eine Reise starten möchten, kostet Ihr Flug mit Sicherheit mehr, als würden Sie in Leipzig starten.

Selbstschutz: Lassen sich die Datenkraken stoppen?

Gesetzliche Regularien wie die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) tragen durchaus dazu bei, persönliche Daten zu schützen. Die DSGVO jedoch verpflichtet ausschließlich europäische Unternehmen. Nutzen Sie Facebook oder Twitter, landen Ihre Daten auf US-Servern.

Hinzu kommt die Tatsache, dass Unternehmen den Spieß gerne einfach umdrehen: Als Nutzer sind Sie dazu aufgefordert, die Datenschutzerklärung zu bestätigen, bevor Sie den Dienst nutzen. In dieser Datenschutzrichtlinie kann darauf verwiesen werden, dass Daten an Dritte weitergegeben werden – je nach Erklärung sind diese Dritten zum Teil bekannt, zum Teil unbekannt. So können Ihre Daten auch in die Hände von Datenbrokern gelangen. Dennoch: Nutzen Sie die Betroffenenrechte, die Sie mit der DSGVO erhalten haben. Welche das sind, haben wir im Artikel „Betroffenenrechte & Datenschutzerklärung nach DSGVO“ für Sie zusammengefasst.

Das Geschäftsmodell ist klar: Daten gegen Service. Machen Sie sich diese Formel immer wieder bewusst und überlegen Sie sich genau, ob der Komfort, den Sie nutzen möchten, wirklich die Preisgabe Ihrer wertvollen Daten rechtfertigt. Damit haben Sie Ihr erstes Tool zum Schutz in der Hand: Ihren gesunden Menschenverstand.

Das Nutzen von datenschutzfreundlichen Services gehört ebenfalls zu Ihren Tools. In der Zeit, als Whistleblower Edward Snowden im Juni 2013 die Welt über das Abgehört-werden durch die NSA und andere Geheimdienste aufmerksam gemacht hatte, entstand mit prism-break.org eine Seite, die datenschutzfreundliche Alternativen zu bekannten Datenkraken auflistet. Von Suchmaschinen über mobile Apps bis hin zu datenschutzfreundlichen sozialen Netzwerken finden Sie hier sehr viele Alternativen.

Schützen Sie sich zudem mithilfe der Technik: Mittels VPN können Sie anonym surfen. Sie können sich ein eigenständiges VPN-Tool besorgen, per VPN und Tor-Browser anonym surfen oder auf vorgefertigte Lösungen setzen, beispielsweise den Opera-Browser. In der jüngsten Browser-Version soll Opera dem gleichnamigen Browser mehr Privatsphäre spendiert haben, wie unter anderem t3n berichtet. Nebst Ad- und Tracking-Blocker ist ein eingebauter VPN-Tunnel an Bord. Er verfälscht die IP-Adresse und übermittelt Datenpakete im Web verschlüsselt, sodass Sie sich anonymer im Netz bewegen.

Haben Sie weitere Tipps für unsere Leserinnen und Leser? Oder sind Fragen bei Ihnen aufgekommen? Kennen Sie interessante Tools zum Schutz der Privatsphäre? Nutzen Sie die Kommentarfunktion, um mit uns ins Gespräch zu kommen. Wir freuen uns auf Ihre Meinung!

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