Klingelschilder sollen abgeschafft werden – Stimmt das? Fakenews
Datenschutz-Irrsinn: Beendet die DSGVO Klingelschilder?

Datenschutz-Irrsinn: Beendet die DSGVO Klingelschilder?

Die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) mag durchaus kuriose Auswüchse haben. In Wien soll jemand gegen das Klingelschild  an der Tür mit dem Namen der Bewohner drauf gestört haben. Die BILD-Zeitung machte daraus einen Reißer: „Unsere Klingelschilder sollen weg!“ prangte es auf der Titelseite. Schon schrien die Leser: Regulierungswut! Irrsinn! – Dran ist an dieser Schreckensmeldung nichts – wirklich gar nichts. Mit dieser Panikmache soll die DSGVO einmal mehr diskreditiert werden.

Datenschutz an den Klingelschildern der Tür?

Vor einer guten Woche sorgte die österreichische Hausverwaltung „Wiener Wohnen“ für Schlagzeilen. Ein Mieter beschwerte sich, woraufhin sich der Verband entschied, die Namensschilder von 220.000 Wohnungen gegen Wohnungsnummern auszutauschen. In Wien ist die Magistratsabteilung für den Datenschutz zuständig. Diese hatte die Koppelung von Nachnamen und Wohnungsnummern als Verstoß gegen die DSGVO empfunden. Mieter, die ihren Namen am Klingelschild haben wollen, sollen nun selbstständig einen entsprechenden Aufkleber anbringen.

Im Artikel der BILD-Zeitung kam der Immobilien-Eigentümerverband Haus&Grund zu Wort. Dieser empfahl seinen Mitgliedern, die Namensschilder an den Türklingeln vorsorglich zu entfernen. Nur so sei die Privatsphäre der Mieter gewährleistet und Vermieter müssten nicht mit Millionen-Bußgeldern rechnen, erklärte Verbands-Präsident Kai Warnecke.

Andrea Voßhoff hat im Rahmen ihres Daseins als Bundesdatenschutzbeauftragte eine andere Meinung. Man solle sich bei den zuständigen Aufsichtsbehörden über die Rechtslage informieren und nicht auf öffentliche Ratschläge hören. Der Anwendungsbereich der DSGVO schließe Klingelschilder mit Namen überhaupt nicht ein.

Die Sprecherin der Berliner Datenschutzbeauftragten Maja Smoltczyk, Jana Schönefeld, bläst ins selbe Horn: „Wir halten die DSGVO hier nicht für anwendbar, da es sich um keine automatisierte Datenerfassung handelt.“ Nur bei automatisierten Datenverarbeitungen sowie Dateien greife das Regelwerk.

Verstoß gegen die DSGVO?

Sehr deutliche Worte für diese Posse findet das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) in einer Pressemitteilung (PDF). Zwar seien Namen auf Klingelschildern personenbezogene Daten. Jedoch ist die Anbringung der Klingelschilder „keine automatisierte Verarbeitung. Selbst wenn man zu der kaum vertretbaren Auffassung gelangen sollte, dass gedruckte Namensschilder der Bewohner aus einer automatisierten Verarbeitung entstanden sind […] und es damit zu einer Anwendung der Datenschutzgrundverordnung käme, wäre die Verarbeitung durch die Wohnungsbaugesellschaft in aller Regel nach Art. 6 Abs. 1 f DSGVO datenschutzrechtlich zulässig.“

In Einzelfällen sieht das BayLDA durchaus Handlungsbedarf: „Bei gefährdeten prominenten Personen, Personen in einem Zeugenschutzprogramm oder bei Personen, die durch Stalking bedroht werden, mag eine pseudonymisierte Bezeichnung auf dem Klingelschild gerechtfertigt sein.“ Jedoch gäbe es keine „datenschutzrechtliche Notwendigkeit, alle Klingelschilder zu pseudonymisieren“.

Thomas Kranig, Präsident des BayLDA, äußert seinen Unmut darüber, die DSGVO für eine solche Posse heranzuziehen: „Ich finde es sehr problematisch und auch sehr schade, dass durch diese unsinnigen Behauptungen die sehr gute Datenschutz-Grundverordnung als Begründung für etwas herangezogen wird, was sie gar nicht fordert und sie damit als „weltfremdes europäisches Recht“ diskreditiert wird. Äußerungen in der Art, dass ein Mieter sich nur bei der Aufsichtsbehörde beschweren müsse, wenn sein Klingelschild nicht entfernt werde und die Aufsichtsbehörde dann ein Bußgeld von 20 Mio. EUR verhängen werde, was rechtlich völlig ausgeschlossen ist, zeigt, dass es hier um Panikmache oder Streben nach Medienpräsenz geht, aber jedenfalls nicht um wirklichen Datenschutz.“

Was Vermieter jetzt NICHT tun sollten

Als Vermieter solltet Ihr Euch von dieser Panikmache nicht anstecken lassen. Bußgelder sind sehr unwahrscheinlich – wie bereits zitiert. Idealerweise wartet Ihr ab, bis sich die Wogen in einigen Tagen wieder geglättet haben. Euch steht nicht unter Handlungszwang. Zweifelt Ihr an den Aussagen der Datenschützer, so nehmt Euch Voßhoffs Rat zu Herzen und fragt selbst bei der zuständigen Datenschutzbehörde nach.

Medien, Anwendern, aber auch Unternehmen und Vermietern täte etwas mehr Gelassenheit bezüglich der DSGVO gut. Im Vorfeld gab es Befürchtungen über Abmahnwellen, die nie eingetreten sind. Auch der Klingelschild-Irrsinn wird in der Versenkung verschwinden.

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